Vor ein paar Wochen waren wir bei einem Bekannten zu Besuch, der uns stolz seine Werkstatt zeigte. Sein aktuelles Projekt waren Holzkästen mit einer Schellack-Oberfläche, eine Oberflächentechnik, die ich auch schon seit längerer Zeit sehr interessant finde. Nachdem ich die halb fertigen Oberflächen bewundern durfte, habe ich beschlossen: Jetzt ist die Zeit reif, das probiere ich auch aus.
Einige Besuche bei “Dr. Google” und diverse Youtube-Videos später war ich vorbereitet. Ich habe mich für Blätterschellack entschieden. Der erste Schritt ist es daher, diesen in Alkohol aufzulösen und so eine Stammlösung herzustellen, die ich anschließend zum Grundierung und zum Polieren verdünnen kann. Meine Stammlösung besteht aus 250 g Schellack und gut 500 ml 96%-Bio-Ethanol.
Ich habe einen hellen und einen dunklen Schellack angesetzt, beide wachsfrei. Es hat bei regelmäßigem Schütteln und Umrühren ca. 3 Tage gedauert, bis sich die Schellackflocken vollständig aufgelöst haben. Für die Grundierung und Porenfüllung habe ich die Stammlösung im Verhältnis 1:4 mit Bio-Ethanol verdünnt, für die anschließende Deckpolitur im Verhältnis 1:2. Beide Lösungen habe ich in Soßenflaschen gefüllt, so kann ich sie später gut in die Ballen geben.
Zugegeben, die Werkstatt sieht ein wenig wie ein Chemie-Labor aus. Neben den Flaschen mit dem Schellack gibt es noch ein Glas mit Bimsmehl für die Porenfüllung sowie verschiedene Gläser in denen die Ballen für das Grundieren und das Polieren aufbewahrt werden.
Eine Sache fehlt allerdings noch: Das Holz. Ich habe glücklicherweise noch einige Stücke verschiedener Holzarten als Reste früherer Projekte in der Werkstatt. Diese habe ich zu kleinen Platten zusammengeleimt und gehobelt. So habe ich insgesamt 7 verschiedene Hölzer vorbereitet: Ahorn, Buche, Eiche, Erle, Mahagoni, Nußbaum und Yellow Poplar.
Znächst habe ich alle Brettchen mit 180 und 240 Korn geschliffen. Danach folgten 4 Runden Porenfüllung mit Bimsmehl und verdünntem Schellack. Ich habe mir dafür einen “Bimsmehlballen” hergestellt, ein Stück gröberes Leinen, dass ich mit etwas Bimsmehl gefüllt und zugebunden habe. Durch leichtes Klopfen mit dem Ballen auf die Holzoberfläche kann man die Menge an Bimsmehl recht gut steuern und dieses gleichmäßig verteilen.
Der Ballen für die Porenfüllung besteht aus einen gröberen Leinen mit einer Füllung aus Baumwolle. Ich habe die Grundiermischung in den Ballen gegeben und das Bimsmehl in kreisenden Bewegungen in das Holz eingearbeitet. Wenn der Ballen zu trocken wurde, habe ich nur mit reinem Alkohol “nachgefüllt”, da noch genug Schellack im Ballen vorhanden war.
Ich fand es spannend zu beobachten, wie das weiße Bimsmehl mit dem Alkohol transparent wurde und durch den Schellack in den Poren haften blieb. Nach jeder “Runde” konnte ich einen Fortschritt beobachten. Sollte sich mal etwas Bimsmehl an der Oberfäche verklebt haben, habe ich mit einem 300er Schleifpapier auf dem Handschleifklotz zwischengeschliffen. Ich habe die Porenfüllung nur mit kreisenden Bewegungen gemacht, da ich den Eindruck hatte, mit langen graden Bewegungen das Bimsmehl wieder aus den Poren herauszuwischen.
Die Grundierung habe ich an zwei aufeinander folgenden Tagen jeweils morgens und abends vorgenommen, danach habe ich die Testbretter einen Tag lang trocknen lassen.
Für die Deckpolitur habe ich mir einen Polierballen aus Baumwolle, einem gröberen und darüber einem feinen Leinen hergestellt. Ich habe etwas Deckpolitur in den Ballen gefüllt und einen Tropfen Kamelienöl auf den Ballen gegeben, damit dieser besser “läuft”. Nach etwas Herumprobieren was die richtigen Mengen an Politur und Öl angeht, habe ich endlich die viel Zitierte “Wolke” auf dem Holz gesehen – die Spur von verdunstendem Alkohol hinter dem Ballen. So habe ich dann 6 Schichten Schellack aufpoliert, wieder jeweils zwei pro Tag.
Die Deckpolitur habe ich in Kreisen und “Achten” aufgetragen und jeweils zum Ende der Polierrunden in langen graden Zügen in Maserrichtung. So ist langsam der Glanz auf der Oberfläche entstanden.
Zum Abschluss habe ich die Oberflächen auspoliert. Hierfür habe ich ein feines Leinentuch mit ein paar Tropfen Alkohol in ein Glas getan. Der Alkohol ist verdampft und hat sich im Tuch gesammelt, das sich dadurch leicht kalt anfühlt. Mit diesem Tuch bin ich zum Auspolieren leicht über die Oberfläche gegangen. Damit sind die Oberflächen fertig.
Der Schellack erzeugt eine recht robuste Oberfläche, die allerdings empfindlich gegenüber Alkohol ist – logisch, ist ja auch das Lösemittel für Schellack. Um die Oberfläche aber auch gegen Alkohol zu schützen, habe ich ein paar sehr dünne Schichten Clourethan-Lack aufgetragen. Auf diese Weise habe ich die unvergleichliche “Tiefenwirkung” des Schellack gepaart mit der Haltbarkeit moderner Lacke.
Ich habe den Lack ebenfalls mit einem Ballen aufgetragen, so bekommen ich sehr dünne und gleichmäßige Schichten. Drei Aufträge mit jeweils 24 Stunden zum Trocknen, danach ist die Oberflächenbehandlung abgeschlossen.
Mein Fazit: Es ist viel Arbeit aber es lohnt sich. Selbst die grobporigeren Hölzer sind toll geworden, der Effekt bei Mahagoni hat mich aber echt umgehauen. Man bekommt wirklich den Eindruck “in das Holz hinein sehen” zu können. Bin mal gespannt auf das erste “echte” Projekt, bei dem der Schellack zum Einsatz kommt.
Hi, wie lange sind denn Schellackflocken haltbar/lagerfähig?
Wie lange ist denn angesetzte Schellacklösung haltbar/lagerfähig?
Mit freundlichen Grüßen
Hallo Christian,
eine gute Frage. Der Schellack ist von Dictum. Es gibt ihn dort als Flocken oder fertig angesetzt. Der angesetzte Schellack ist laut Beschreibung mindestens 12 Monate haltbar, bei den Flocken habe ich keine Angabe gefunden. Ich habe mal bei Dictum nachgefragt und bin auf die Antwort gespannt.
Beste Grüße
Sascha
Von Dictum habe ich folgende Antwort erhalte:
Die trockenen Schellack-Plättchen sind quasi unbegrenzt haltbar, sofern diese trocken und dunkel gelagert werden.
Die Stammlösung ist ca. 1 Jahr haltbar, kann bei Verdampfen des Alkoholes durch nachfüllen jedoch auch länger verwendet werden.
Man sollte die Stammlösung aber bei längerer Lagerung vor Gebrauch durchsieben um Feststoffe zu entfernen.
Guten Abend Sascha,
mit großem Interesse habe ich Ihren Bericht über die Arbeit mit der Schellackpolitur gelesen.
Eine polierte Fläche nochmals zu schützen ist sicherlich von Vorteil.
Würden Sie mir mitteilen, wie Sie den Lack mit einem Ballen auftragen ?
Um das Kleben beim Verarbeiten zu verhindern, verdünnen Sie den Lack ?
Könnte ich einen neuen unbenutzten Polierballen hierfür verwenden ?
Danke und freundliche Grüße
Roland
Hallo Roland,
ich habe den Lack sehr stark verdünnt, mehr als für die “normale” Verarbeitung angegeben ist. Für jeden Auftrag habe ich einen frischen Ballen verwendet da diese beim Trocknen des Lackes unbrauchbar werden. Die Ballen habe ich etwas kleiner als beim Schellack gemacht.
Ach ja: Ich habe die Ballen zum Trocknen in einen feuerfesten Behälter gelegt, zur Sicherheit wegen möglicher Selbstentzündung.
Viele Grüße
Sascha